Montag, 4. Januar 2010

Prolog (1)


Am Anfang war das Wort.
Es hallte über gewaltige Felsformationen, wehte über das Wasser der Meere, blies in Felder und Wiesen und rauschte durch uralte Wälder. Tausende Kehlen gaben es wider, doch sollte es Abermillionen Jahre dauern, ehe es einem Geschöpf gelang, das Wort in Stein zu bannen.
Im Dunkel der Zeit geriet es in Vergessenheit und kein Mund, Maul oder Schnabel konnte sich erinnern, wie man es formen musste. Allein in Stein gemeißelt, wispert es hin und wieder; dann wogen die Gräser und tragen es über schwarze wie braune Erde, manchmal auch über ocker- oder rotfarbene. Doch Salzwasser ist ihm fremd geworden und an die mächtigen Stämme von Eiche und Kastanie vermag es sich nicht zu erinnern. Seine Macht schwindet, der Hauch allen Anfangs vergeht.
Und am Ende war das Wort.

***

Über den Hügeln von S’harn S’huk nahe der Ebene der Draaks lag die Nacht wie ein samtschwarzes Leichentuch, anschmiegsam und wunderschön, aber dennoch den Tod verhüllend. Silberner Nebel wallte über den Boden, erhellte trotz des fehlenden Mondes die Umgebung spärlich. Dunkle Gestalten in langen Umhängen gingen in einer geraden Linie über das Gestrüpp, das der lange Sommer zurückgelassen hatte. Die Wurzeln der Farne und kleineren Pflanzen waren nicht lang genug gewesen, um das Wasser tief im Erdboden zu erreichen und zugrunde gegangen. Die wenigen Bäume, die hier standen, verloren schon jetzt, Wochen zu früh, ihr Blattwerk und wirkten wie seelenlose Skelette, die in grenzenloser Not die Arme gen Himmel gestreckt um Hilfe schrieen.
Seit Jahrhunderten war diese Gegend verlassen; alte Legenden hielten die Völker davon ab, zwischen den Hügel eine Existenz aufzubauen. Doch hatte der Landstrich auch nur wenig zu bieten, so dass es niemanden dazu trieb. Die Wenigen, die meinten, das Geheimnis der Mythen zu ergründen, kehrten entweder nicht zurück zu ihren Familien oder wussten den Mund zu halten.
Die acht Gestalten störte das nicht. Sie waren sich und ihrer Sache zu sicher. Macht umgab jeden ihrer Schritte und die Magie, die sie woben, ließ die Luft flirren.
Erste Blitze zuckten am Himmel und tauchten alles in ein bläuliches Licht. Sie kündeten kein nahes Gewitter an, wie es Flora und Fauna gebraucht hätten, sondern das Ende einer Ära.


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sehr schöner Schreibstil. Ich habe verdammt wenig Zeit, aber ich werde gucken, dass ich das hier verfolge. Legst du wert auf Kritik?

Grüße
Andrea

Jadé Lynn hat gesagt…

Andrea, ich freue mich, dass du bei mir reinsiehst und noch viel mehr über das Lob! Ich höre gern viele Meinungen, Kritik und auch Vorschläge, was den Fortgang der Handlung anbelangt.
Da ich hier pro Tag Teilstücke poste, an denen ich oft noch Kleinigekeiten verändere, einfach mal links unter dem zweiten Bild "Der Achte Turm" ansehen. Die Liste wächst hoffentlich schnell^^
Was ich sagen will ist: Immer her mit, was immer du geben willst und kannst. :)

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