Dienstag, 12. Januar 2010

Kapitel 1 (4)


Sie hielt sich nicht lange in dem kleinen Vorraum auf und trat auch durch keine der Durchgangstüren, sondern strebte gleich zu den Aufzügen. Sie berührte eine der violett leuchtenden Kugeln, die mit der Wand verbunden waren und wartete. Nach wenigen Augenblicken verkündete ein gedämpfter Rumps, dass der kleine Raum unten angekommen war. Die Tür schob sich zur Seite und ein Ritter trat mit zwei Vogellakaien heraus. Sie blickten recht wütend zurück und der Ritter blies die Enden seines Schnurrbartes entrüstet zur Seite.
Reyna machte ihnen bereitwillig Platz und betrat dann selbst den vier mal fünf Schritte großen Raum. Ihr wurde ganz elend, als sie den gelangweilten Magieschüler erkannte, der auch ausgerechnet heute seinen Dienst hier versehen musste. Glan Valdur war nicht etwa unfähig, er hatte nur einfach selten die Motivation etwas länger durchzuhalten und so versuchte er, seine Laune durch unhaltbare und meist gefährliche Aktionen aufzubessern. Entweder man fuhr dann so schnell nach oben, dass es einem die Füße vom Boden hob oder man landete in einem völlig anderen Teil des Turms, als eigentlich beabsichtigt. Was nicht selten zu Peinlichkeiten führte. Reyna hatte nie verstanden, warum man den Jungen nicht längst davongejagt hatte, aber es war natürlich nicht an ihr, einer einfachen Espiralerin, dies zu beurteilen.
Leise und so unauffällig wie möglich, murmelte sie den Namen Zephyrims und hoffte inständig, dass dieser dem Jungen nicht erst vor kurzem eine Strafe aufgebrummt hatte, was dessen Unmut hätte schüren können.
Schwalbe vergrub seinen Kopf in Reynas schulterlangem, braunen Haar, als die Tür zuglitt und sich der kleine Raum in die Höhe hob. Es war ein seltsames Gefühl und das nicht nur, weil sie wusste, dass der Aufzug praktisch im Nichts hing, ohne Halterung oder Sicherheitsnetz. Andererseits hatte sie auch noch nie davon gehört, dass es einmal einen Unfall mit einem der Aufzüge gegeben hatte. Trotzdem war sie jedes Mal froh, wenn sie endlich oben angekommen war. Nur fünf Atemzüge später und damit schneller als gewöhnlich, hielt der Aufzug und Glan Valdur grinste sie an.
„Bitte sehr, die Dame“, sagte er galant. Reyna runzelte die Stirn, denn veralbern konnte sie sich auch selbst. Aber sie wollte nicht unhöflich sein – nicht bei ihm – und antwortete nicht ganz ernst: „Danke, der Herr.“ Er verneigte sich und sie konnte sich dem Lachen seiner hellen Augen nun doch nicht mehr entziehen und kicherte beim Aussteigen. Nach zwei Schritten schlug sie sich die Hand vor den Mund und fühlte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. Doch hatte sie keine Zeit darüber nachzudenken, denn Schwalbe kniff sie mit dem Schnabel, so dass sie ihren Griff lockerte, was er ausnutzte, um sich in die Luft zu erheben. Einer seiner Flügel streifte ihr Gesicht und sie blinzelte verärgert.


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