Dienstag, 19. Januar 2010

Kapitel 2 (2)


Noe drehte in sich gekehrt die Benachrichtigung aus dem Turm in ihren Händen hin und her. Reyna ginge es gut und sie würde einige Tage im Auftrag der Magier unterwegs sein, stand dort. Mehr nicht.
In dem kleinen Raum, den beide noch immer bewohnten, sah es aus, als wäre ein Wirbelsturm hindurchgefahren, denn der Tisch war komplett in sich zusammengesackt und ließe sich sicher nicht mehr reparieren. Zudem war auch das Geschirr zerbrochen und aus den schönen, ledergebundenen Büchern fehlten ganze Seiten. Reyna musste das sehr mitgenommen haben.
Einige Tage. So lange war Reyna noch nie fort gewesen und überhaupt hatte man sie nur selten irgendwohin geschickt. Alles, was sie normalerweise zu tun hatte, war dafür zu sorgen, dass dieser Magier sich noch in seinen eigenen vier Wänden zurechtfand. Sie hatte oft berichtet, wie wirr und durcheinander es in seinen Räumen im Turm oft war und dass er ständig etwas suchte.
Vielleicht war ja überhaupt nichts dabei, dass man sie fort geschickt hatte, aber vielleicht bedeutete es auch etwas Ernstes. Noes Verstand war inzwischen geschult genug, um eins und eins zusammenzuzählen. Die jüngsten Ereignisse in Espiral und auch darüber hinaus, waren beunruhigend genug. Das Verhalten ihres eigenen Meisters ebenso.
Langsam drehte Noe auch die schwarze Rabenfeder zwischen ihren Fingern hin und her. Dieser komische Vogel war also hier gewesen, um dafür zu sorgen, dass Reyna auch wirklich zum Turm ging und das gefiel Noe nicht, nein, ganz und gar nicht. Und das nicht nur, weil das gefiederte Tier auch immer um das Hauptquartier der Schwarzen Garde herum zu finden war und sich so überhaupt nicht wie ein Vogel benahm.
Da war etwas im Gange, dem sich keiner mehr entziehen konnte und in das man nun auch Reyna mit hinein gezogen hatte. Dabei hatte Noe sie gewarnt! Mit Magiern ließ man sich einfach nicht ein, das Ergebnis war jedes Mal eine verflucht große Katastrophe!
Sie atmete wütend und mit einem Laut, der wie ein Fauchen klang, aus. Es machte keinen Sinn hier zu warten und sich weiter zu fragen, was wohl passiert sein mochte. Am besten war, sie meldete sich bei ihrem Meister zurück. Er würde wissen wollen, ob letzte Nacht alles gut gegangen war und vielleicht wusste er ja auch schon mehr über diese neuerliche Untat des fünften Turmes.
Sie bückte sich dann aber doch noch und hob die Bücher auf. Die losen Seiten sammelte sie ein und versuchte mit einem Ärmel den Schmutz abzuwischen. Es machte wenig Sinn, aber wenigstens hatte sie es versucht. Sorgfältig legte sie alles auf das Bett, auf dem es die größte Chance haben müsste, nicht wieder durch die Gegend geworfen zu werden. Reyna wäre tief traurig, wenn sich von den Schriften nichts mehr retten ließe.
Vor der Tür auf dem Gang, der jedes Mal schäbiger aussah, wenn sie ihn betrat, kam ihr der dickbäuchige Hausverwalter entgegen. Er war blass, doch bildete sich auf seinen Wangen immer wieder dann Zornesröte, wenn er einen neuen Riss oder abgebrochenen Putz entdeckte.
Noe dachte ja gar nicht daran den Mann zu grüßen, wie Reyna es getan hätte. Zwar mochte diese ihn auch nicht besonders, aber sie freute sich jedes Mal, wenn er sich über ihr Lächeln ärgerte, weil er darauf nie etwas zu antworten wusste.
„Heda!“, sprach er die junge Frau missmutig an. „Heute Abend findet eine Hausversammlung statt, wegen der Schäden.“ Er würde sicher eine Mietpreiserhöhung ankündigen. Ach, sollte er doch, sie hatte Wichtigeres zu tun. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, ging sie an ihm vorbei. Auch, als sie schon ein Stockwerk tiefer war, hörte sie ihn immer noch schimpfen und ein Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht.


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