Dienstag, 17. Mai 2011

Mut zu Beschreibungen!


Manchmal, wenn ich ein Buch lese, das schon viele Jahre auf dem Buckel hat, frage ich mich, ob sich das Lesen und Schreiben verändert haben.
Noch bei Goethe war es notwenig, jedes Steinchen, jedes Blatt am Baum (Hallooo! "Die Leiden des jungen Werther") genauestens zu beschreiben, da es zu seinen Leb- und Schreibzeiten gut denkbar war, dass seine Leser (sofern sie lesen konnten) dies alles nie mit eigenen Augen zu sehen bekommen würden.
Heute braucht man nur den Fernseher anzuschalten und findet sich prompt in allen Teilen der Welt und in allen Epochen der Zeit wieder - sogar den absolut fiktiven. Und es scheint, als sei es nicht mehr nötig, überhaupt etwas zu beschreiben. Und wehe, man tut es doch. Sofort wird die Geschichte zäh und unleserlich, fade und wie fürs Abbrechen geeignet. Mir selbst fällt das oft bei Meinungen zu Trilogien auf - Werken also, die lang erzählt werden. In denen eigentlich mehr Raum gegeben sein müsste, um Dinge, Settings und auch Charaktere ausführlich (oder zumindest ausreichend) zu beschreiben.
Aber auch in Filmen setzt sich dieser Trend fort. Da gibt es keine Kamerafahrten mehr, da wird sofort auf den Kern der Sache gezoomt, als spiele das Drumherum keine wirkliche Rolle. Diese Nahaufnahmen mögen ihren Reiz haben und hier und da faszinierend sein, aber einen ganzen Film nur aus dieser Perspektive heraus zu drehen, finde ich dann doch ziemlich gewöhnungsbedürftig.
Der Grund für diese Veränderung? Der Leser und Zuschauer. Ich habe erst kürzlich gelesen, dass das junge Publikum heute genau das will. Spaß und Action - ohne nachzudenken, am besten sofort.
Aber ich frage mich doch, ob das nicht ziemlich auf die Atmosphäre drückt, wenn nur noch geschrieben steht: "Lina ging auf das Wirtshaus zu und klopfte lautstark an."
Natürlich wissen wir alle, was ein Wirtshaus ist. Aber so ein Gebäude hat in der Historie der Menschheit deutliche Veränderungen durchgemacht und sah in den einzelnen Ländern auch nie gleich aus. Außerdem kann man in einem Fantasyroman auch nie wirklich wissen, was dahinter steckt.
Selbst Landschafts"aufnahmen", sogar so banale wie eine grüne Wiese (liegt dort am Morgen noch Tau? Ist das Gras am Mittag gelb und knirscht unter den Füßen?) verlassen die Schriftsprache und werden als kurze Randnotiz abgehakt.

Warum nehmen wir uns in unserer schnellebigen Wissens- und Informationsgesellschaft nicht einmal mehr in Geschichten die Zeit, uns in Ruhe umzusehen und in die andere Welt komplett einzutauchen? Ich bin für mehr Details und mehr Beschreibungen. Denn damit kehren auch Atmosphäre und Gefühl in unsere Romane zurück. Ich wünsch' es mir.

Wer noch?


Sonntag, 15. Mai 2011

Ablenkung vom Schreiben?


Es ist doch seltsam: Eigentlich gibt es nichts, was ein Autor lieber tun würde, als zu schreiben und doch tut er es oft nicht. Da wird das Geschirr abgewaschen, der Kleiderschrank aussortiert, Blumen gegossen, Staub gewischt, eingekauft ... die Liste ist endlos.
Aber selbst, wenn der Plot endlich fertig ist, verliert sich ein Autor in unwichtigen Details. Ob historische Fakten geprüft werden müssen, eine Liste mit wichtigen Merkmalen der Charaktere angelegt oder Bleistiftskizzen vom Heldenpaar gezeichnet. Ist das wirklich nötig? Warum tue ich es dann?
Eine Freundin meinte neulich, dass es der Schrecken vor dem ersten Wort sein müsse. Und es sei völlig egal, ob es dabei um das fiktive Schreiben gehe oder eine wissenschaftliche Hausarbeit. Das erste Wort, der erste Satz seien entscheidend und wenn man selbst mit denen nicht Feuer fängt, bringt man das angefangene Projekt nur widerwillig oder gar nicht zuende.
Hat das dann nicht auch etwas mit Selbstbewusstsein zu tun? Denkt der Autor vielleicht unbewusst, dass sein Werk in Wirklichkeit nicht gut genug sei, auch wenn es ja eigentlich nur geplant, aber noch nicht niedergeschrieben wurde?
Kommen so nicht auch Schreibblockaden zustande?
Ich weiß es nicht. Ich wundere mich nur oft darüber, wie viele "Zusatzfeatures" ein (bisher eher hobbymäßig betriebenes?) Werk haben kann. Da bekommt jede kleinere Ortschaft eine eigene Landkarte. Jeder noch so unwichtige Charakter erhält ein Portrait oder jedes kleine Bauwerk wird architektonisch korrekt gezeichnet.
Warum braucht es nur diese Ablenkungen vom Schreiben? Oder steckt letztendlich noch etwas völlig anderes dahinter?