Freitag, 29. Oktober 2010

Geschichtenanfänge und ihre Bedeutung


Durch Zufall habe ich den Anfang einer meiner alten Geschichte gefunden. Sie sollte für eine Fantasyausschreibung fertig gestellt werden, für die ich dann aber keine wirkliche Zeit mehr hatte. Wohin ich wollte, weiß ich leider nicht mehr, es ist aber klar erkennbar, dass ich damals mit meinen Gedanken ganz woanders war. Gut also, dass sich andere, wesentlich qualifizierte Autoren gefunden und eine gute Anthologie geschaffen haben.

Schnee tanzte seit Ewigkeiten vom Himmel hernieder und machte das Atmen schwer. Die winzigen Flocken, die bei der Berührung von Haut zu Wasser und dann sogleich zu brennendem Eis wurden, fügten sich zu einer schier undurchdringlichen weißen Masse zusammen.
Hinter dem Horizont endet die Welt, hatte Tyrs Mutter ihm gesagt. Die Weltenesche hat, so mächtig sie auch ist, ihre Grenzen und wer immer diese erreicht, wird über den Rand in die nächst tiefere Welt fallen. Außer den Göttern natürlich, sie hatten Mächte zur Verfügung, die ein normal sterblicher Mensch nie erreichen würde. Sie konnten zwischen den Welten wandeln, wie es ihnen gefiel; und Tyr war einer dieser Götter, wollte er seiner Mutter glauben, zumindest zur Hälfte.
Er lachte unschön auf, während er stoisch einen Fuß vor den anderen setzte. Ein Halbgott, der nur ein winziges Dorf kannte, wenige sture und absolut bodenständige Menschen, die nie eine andere Meinung als ihrer eigenen zuließen. Eine Mutter, die aus Asgard gekommen war und jeder wusste es. Aber was hatte ihr das gebracht? Einen feigen Ehemann und jede Menge toter Kinder. Zwei vom Blitz erschlagen, zwei bei der Überschwemmung davon gespült, drei im Feuer und eines verdurstet. Er fuhr sich mit der Zunge über die aufgesprungenen Lippen. Verdurstet oder verhungert, je nachdem was zuerst eintreten würde.
(...)
Der Morgen graute bereits als Tyr endlich fand, wonach er gesucht hatte. Die einfache Blockhütte schmiegte sich wie ein zitterndes Kind an den Felsen und dichter Rauch quoll aus der Esche. Er zog den linken Mundwinkel nach oben und machte sich bereit, erst seinen Charme, dann sein Schwert zu benutzen.