Donnerstag, 14. Januar 2010

Kapitel 1 (6)


„Du musst unbedingt eine Botschaft für mich überbringen“, sagte der Magier, immer noch den Rücken zu ihr gewandt.
Reyna rollte mit den Augen. Da war sie nun extra hierher gekommen und das an ihrem freien Tag und sollte schon gleich wieder gehen. Das Aufräumen würde sich dann sicher bis in den Nachmittag hineinziehen. Warum konnte keiner der Lakaien seine dämlichen Botschaften überbringen, wie die der anderen Magier auch?
Zephyrim wühlte in den Büchern und Schriftrollen auf einem schwarzlackierten Stuhl, die meisten fielen hinunter, aber er nahm kaum Notiz davon. Als er offenbar nicht gefunden hatte, was er suchte, ging er hinüber zu einem der Tische und setzte seine Suche dort fort. Die Tiere in den Käfigen – Echsen, Ratten, Raben und diverse Mischungen daraus – schrieen und grunzten aufgeregt, als übertrage sich die Stimmung ihres Meisters auf sie.
„Ehrenwerter, wohin soll ich gehen?“ Reyna hoffte nur, es war nicht allzu weit entfernt. In der Stadtmitte vielleicht und bitte nicht am anderen Ende Espirals, sie hatte wirklich keine Lust so weit zu laufen.
„Du musst zum dritten Turm“, murmelte Zephyrim zerstreut. So wie heute, hatte sie ihn wirklich noch nie erlebt. Er schwankte von einer Emotion zur nächsten, dabei war er so wankelmütig nun auch wieder nicht.
Reyna lachte leise, weil sie dachte, er hätte einen Scherz gemacht. Schnell wurde ihr nach einem Blick in seine Augen klar, dass es nicht so war. „Was?! Das kann ich nicht!“ Da würde sie ja Wochen unterwegs sein, durch unwegsames Gebiet obendrein und mitten hinein in den Osten. Nein, es ging wirklich nicht. Was dachte sich dieser Mann nur?
Zephyrim war näher getreten und seine Augen blitzten förmlich, als er sie in seinen Bann zog. Er hatte das schon früher getan und auch wenn sie wusste, dass man auf sie aus irgendeinem Grund keine mentalen Gedanken übertragen konnte, jagte es ihr doch immer aufs Neue Angst ein.
„Du bist die Einzige, die ich schicken kann. Ich werde dir Schwalbe mitgeben, er wird dich schon von Dummheiten abhalten, aber gehen musst du!“ Seine Stimme klang wirklich eindringlich.
Reyna schüttelte nur den Kopf und runzelte im Abwenden ihrer Augen die Stirn. „Aber ...“, begann sie.
Zephyrim war mit einem Schritt bei ihr und fasste sie an den Schultern.
„Du verstehst das nicht und ich kann es dir auch nicht erklären. Aber es ist wichtig! Sie müssen gewarnt werden, denn das, was wir so sehr gefürchtet haben, ist eingetreten.“ Er ließ sie mit einem Seufzer los und drehte sich um. „Es dir einfach zu befehlen hätte keinen Sinn, ich weiß.“ Er lachte kurz auf. „Du tust nie so ganz das, was man dir sagt.“
Reyna wusste nicht, ob sie wegen dieser Aussage rot werden sollte oder nicht, aber schließlich stimmte es und sie fühlte sich deswegen nicht schuldig. Darum sah sie ihn an und wartete darauf, dass er sich wieder umdrehte.
„Hat es etwas mit dem Beben von heute zu tun? Damit, dass es nicht angekündigt war?“ Mit einem Ruck wandte er sich um, blickte ihr in die Augen und sie wusste, sie hatte ins Schwarze getroffen.
„Aber warum verwendet Ihr nicht die magischen Spiegel, um mit den anderen Magiern im dritten Turm zu sprechen?“
Zephyrim seufzte. „Das geht nicht, es ist zu gefährlich. Irgendetwas stört ihren Empfang. Keine Botschaft kommt dort an, wo sie sollte, manche werden auch gar nicht erst übertragen. Bitte, Mädchen, es ist wichtig!“
Reyna schluckte und nickte dann. Sie hatte von Anfang an ein ungutes Gefühl gehabt und nun hatte es sich offenbar bestätigt.
„Also gut, ich gehe. Aber Ihr müsst dafür sorgen, dass Noe davon erfährt. Sie würde mich sonst überall suchen.“


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