Samstag, 6. März 2010

Kapitel 2 (10)


Köpfe hoben sich, Arme wurden verschränkt, Blicke getauscht. Einige der Frauen musterten den Neuankömmling etwas genauer, Astart runzelte die Stirn, als Noe nicht herüber kam.
„Vor einigen Wochen erhielt ich einen Brief“, hob Andrys an. „Ich gab den Inhalt an euch weiter. Der Erste Turm hoch im Norden ist gefallen, die Hyde zurückgeschlagen.“
Er machte eine wirkungsvolle Pause und ließ seinen Blick über die anwesenden Köpfe schweifen. Nur die Kadetten hatten überrascht aufgekeucht, ansonsten waren die Mienen aller so unbeweglich wie die Wände, die sie umgaben.
„Hier nun bringe ich euch den Mann, der die Operation geleitet und zum Erfolg geführt hat. Sein Name ist Jaiman Isham.“
Die Gesichter wandten sich dem Fremden zu und unvermittelt brachen alle Anwesenden in Applaus aus. Ein Turm vernichtet! Und diese blauhäutigen Eiswesen ebenso.
Noe klatschte ebenfalls, denn so etwas gehörte gebührend gefeiert und geehrt, aber sie fiel nicht in diesen frenetischen Jubel ein. Darum also waren all diese Fremden in der Stadt und ließen sich hier nieder. Sie wusste, dass das eines Tages passieren musste, aber das man wirklich einen Turm der Magier und die Zauberer selbst dem Erdboden gleich machen konnte, daran hatte sie immer leichte Zweifel gehegt. Nach allem, was Reyna ihr über Zephyrim erzählt hatte, hätte das eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit sein müssen. Dieser Mann musste im Besitz einer grandiosen, einer tödlichen Waffe sein, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte.
Langsam ebbte der Applaus ab und Isham trat nach vorn. Noe war erstaunt, denn sie hätte von diesem Mann keine Rede erwartet.
„Es wird Zeit für den nächsten Abschnitt unseren Planes.“
Die Männer und Frauen in der unscheinbaren Kleidung nickten verhalten.
„Geht in die unterirdischen Räume, die man euch anlegen ließ. Nehmt nur mit, wem ihr uneingeschränkt vertraut. Wartet dort, ihr werdet wissen, wann es Zeit ist, wieder in Erscheinung zu treten. Die Zeit unseres Triumphes ist nah!“
Noe schluckte. Was sollte das bedeuten?
Isham nickte und blieb ungerührt stehen, als Zellenführer um Zellenführer nach einer leichten Verbeugung an ihm vorbei ging. Astarts Wangen wiesen ein zartes Rot auf und seine blauen Augen leuchteten vor Erregung. Er nickte Noe heimlich zu, damit sie ihm folgte, aber sie blieb wo sie war.
„Geh und verabschiede dich von deinem Freund“, sagte Isham, ohne sie anzusehen.
„Er ist nicht mein Freund.“ Noe bewegte sich nicht.
Andrys trat hinter sie. „Du gehst mit Isham, er ist ab sofort dein neuer Meister. Und tu mir einen Gefallen.“ Er sah sie stirnrunzelnd an. „Stell dich bei ihm nicht so linkisch an, wie bei mir.“
Noe atmete tief ein und biss sich auf die Zunge, sonst hätte sie etwas gesagt oder getan, dass ihr wenig später nur umso bedauerlicher vorgekommen wäre. Sie verbeugte sich, um ihm die letzte Ehrenbezeugung in diesem Leben zu geben. Niemals wieder würde sie vor diesem Mann katzbuckeln und wenn sie sich dafür den rechten Arm abschneiden musste!
Ihr alter Meister hob nur eine Augenbraue, als sie nichts erwiderte, drehte sich dann um und folgte den anderen.
Isham drehte sich ihr zu, als sie allein waren und musterte sie von Kopf bis Fuß. Er kam näher und begann, Noe zu umrunden. Sie spürte mehrere Minuten lang seinen Atem im Nacken, rührte sich aber nicht.
„Kämpfe hast du bisher noch nicht viele ausgetragen.“
Sie schluckte. „In den wenigen habe ich mich gut geschlagen.“ Es klang viel zu sehr nach einer Entschuldigung.
„Dann beweise es!“ Er trat ihr von hinten in die Kniekehlen und sie hörte ein scharrendes Geräusch, als er einen Langdolch zog.
Blitzschnell rollte sie sich von der knienden Position, in die sie gefallen war zur Seite und packte ihren eigenen Dolch. Er wollte sie testen, das hatte Andrys auch getan und Orant vor ihm. Nun, sie würde nicht klein bei geben und vielleicht konnte sie ihn ja sogar überraschen.


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