Samstag, 26. Juni 2010

Was ist für den Leser an Fantasy interessant?


Jedes Genre hat seine eigenen Regeln. Das weiß jeder erfahrene Leser und setzt diese auch unbedingt voraus, wenn er ein Buch zur Hand nimmt. Wie enttäuscht wären Krimifans, wenn plötzlich ein Drachen vom Himmel herabstürzen und den Hauptverdächtigen verschlingen würde. Wie unglücklich Liebesromanleserinnen, wenn ihr Held am Ende ohne die Geliebte davon reitet. Wie irritiert Fantasyleser, würden alle phantastischen Elemente fehlen.
Zunächst muss man sich aber darüber im Klaren sein, dass kein Genre ein starres Gebilde ist, sondern sich meistens noch in einige Untergenres gliedert. So ist das auch in der Fantasy. Und genau darin liegen Fesseln und Freiheit zugleich begründet, die das Genre so anziehend machen.
Es ist die Phantasie, die oft sogar in den kleinen Details liegt, die den Leser fasziniert. Dinge, die in unserer Welt so nie geschehen könnten, weil wir (leider) an gewisse physikalische Gesetze gebunden sind. Warum das alles dann in Fantasy-Welten ohne Probleme klappt, das sind die Fesseln, die den Autor schnell auf den Boden der Tatsachen zurückholen können, wenn er nicht aufpasst. Denn auch, wenn Magie oft ein wichtiger Bestandteil jeder phantastischen Geschichte ist, erklärt sie trotzdem nicht alles. Darum ist es sehr wichtig, sich vor dem Schreiben alles genau zu überlegen.
Dennoch gibt es hier und da einige Sachen, die man nicht logisch erklären kann und die gemeinhin so genommen werden, wie sie sind. Warum fliegen beispielsweise Drachen und woher kommt das Feuer, das sie speien? Wie ist es möglich, dass sich auf einer Welt so unterschiedliche Wesen entwickeln können, ohne dass sie einen gemeinsamen Ursprung haben? Wo sind sie hergekommen?
Die Faszination der Fantasy liegt sicher auch darin begründet, dass zunächst alles möglich zu sein scheint. Die Magie erlaubt es Menschen zu fliegen, in drei Sekunden hundert Kilometer zu überbrücken oder durch einen einfachen Trank den Traumpartner für sich zu gewinnen.
Oft beginnt eine Fantasygeschichte mit einem Helden oder einer Heldin, die keine gute Ausgangsposition haben. Sie sind Waisen und werden geschlagen, Bauern und werden geknechtet, Prinzessinnen und werden wie Eigentum behandelt. Doch dann geschieht immer das Unmögliche. Sie sind nicht irgendwer, sie sind auserwählt. Damit legt sich eine schwere Bürde auf ihre Schultern, aber oft sind sie nicht allein. Ein wichtiger und loyaler Freund steht ihnen zur Seite, sie entdecken Seiten an sich selbst, die sie zuvor nie bemerkt haben. Sie schaffen plötzlich Dinge, die unmöglich schienen. Gerade für junge Leser ist das ein großer Anreiz.
Und dann ist da noch die Sache mit dem Erzfeind. Er stellt eine unüberwindliche Hürde dar, legt dem Helden Steine in den Weg, wo er nur kann. Und während wir im realen Leben oft zusehen müssen, wie der Bösewicht sich ins Fäustchen lacht, kann unser Held etwas dagegen unternehmen – denn das Gute ist auf seiner Seite!
Zusätzlich gibt es eine sehr spannende Handlung, die den Helden in Gegenden seiner Welt führt, die für die meisten Leser völlig fremd sind, auch wenn sie an Reales erinnern. Der Held erlangt aber Zugang zu Ebenen und Personen, die ein Normalsterblicher nie bekommen würde. Und vor allem behält der Held immer die Oberhand. Auch wenn es so scheint, als würde ihm alles entgleiten, der Leser kann sich sicher sein, dass er in seine alte Form zurückfinden wird.
Das Wichtigste am Reiz der Fantasy ist aber die Phantasie des Lesers! Denn all die Bilder, die ein Autor in seinen Werken zu erschaffen versucht, müssen sich auch in den Kopf des Leser übertragen lassen. Dazu ist es notwendig, ein Stück des Alltags hinter sich zu lassen und den Stolz abzulegen. „Das ist Unsinn, das gibt es doch gar nicht.“ Na und? Wenn die Bilder in unseren Köpfen entstehen und wir sie wirklich zu sehen vermögen, dann sind sie auch real.
Und wer weiß? Vielleicht sind die Leser von heute bald die Autoren von morgen? Wo die Grenzen der Phantasie liegen und ob es sie überhaupt gibt, bestimmt jeder Mensch für sich allein.

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